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Fakultät Physik

Medizinphysik

Brachytherapie von intraokularen Tumoren

Augentumore sind eine seltene Tumorerkrankung, die nur an wenigen Zentren behandelt wird. Ziel der Therapie ist nicht nur die Heilung der Tumorerkrankung, sondern der Erhalt des Auges und seiner Funktion. In unserer Forschungsgruppe arbeiten wir in enger Kooperation mit dem Universitätsklinikum Essen, einem der führenden Zentren auf diesem Gebiet, an Problemen und Fragestellungen der Brachytherapie von Augentumoren. Bei dieser Therapieform wird eine radioaktive Quelle mit Hilfe eines Augenapplikators auf dem betroffenen Auge fixiert.

Da bei der Brachytherapie Ruthenium-106-Plaques verwendet werden, bei denen es sich um Betastrahler handelt, ist sie je nach Plaque-Modell auf eine Apex-Höhe von etwa 6 mm beschränkt. Größere Tumore führen oft zur Enukleation des Auges, was vor allem für Kinder einen erheblichen Verlust an Lebensqualität bedeutet. Deshalb haben wir ein kombiniertes Konzept aus Brachytherapie und Röntgenbestrahlung entwickelt. Wir konzentrieren uns auf den ersten Wirksamkeitsnachweis und erste Abschätzungen zur Nutzung des kombinierten Therapiekonzepts.

Dosimetrie

Die Kenntnis der exakten 3D-Dosisverteilung der okulären Applikatoren im Auge und im Tumor ist entscheidend für den Erfolg der Therapie. Die präzise, vollständige Vermessung jedes Applikators ist jedoch zu zeitaufwändig, insbesondere für die klinische Routine. Daher wird eine Methode entwickelt, um mit geringem Zeitaufwand das individuelle 3D-Dosisleistungsprofil jedes Applikators unter Berücksichtigung seiner Inhomogenitäten aus der Kombination eines allgemeinen simulierten Basisdatensatzes und des spezifisch für jeden Applikator gemessenen Oberflächendosisleistungsprofils zu bestimmen.

Präsentation eines Druckerzeugnisses aus einem 3D-Drucker © Maik Becker​/​TU Dortmund

Für die Messung von Brachytherapiequellen stehen in unserem Labor zwei abgeschirmte Messplätze zur Verfügung. Neben einer speziell an die Kuppelform von Okularapplikatoren angepassten Messapparatur zur Aufnahme von Oberflächendosisleistungsprofilen verwenden wir auch einen XYZ-Messtisch mit einer Positioniergenauigkeit von 1 µm. Als Detektoren verwenden wir hauptsächlich Kunststoff-Szintillatoren, die von Photomultipliern ausgelesen werden. Für die Kalibrierung unseres Detektorsystems in der Einheit der Wasser-Energiedosis arbeiten wir eng mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig zusammen. Um den Einsatz in der klinischen Routine zu vereinfachen, soll die Vermessung der Applikatoren in Zukunft weitgehend automatisiert werden.

Eine weitere Zusammenarbeit besteht mit der Firma Wolf Medizintechnik, die u.a. Röntgenröhren weltweit vertreibt. Dies ermöglicht uns, unsere Simulationsergebnisse mit praktischen Erfahrungen und Messungen mit möglichen Röntgenröhren für das kombinierte Therapiekonzept zu erweitern.

Monte-Carlo Simulationen

Zusätzlich zu den experimentellen Messungen gibt es auch die Möglichkeit, Computersimulationen für die Dosimetrie durchzuführen. Da der Strahlungstransport in Materie im Allgemeinen zu kompliziert für eine analytische Behandlung ist, werden in der Medizinphysik häufig Monte-Carlo Simulationen zur Berechnung von Dosisverteilungen eingesetzt. Bei der Monte-Carlo-Methode werden mögliche Trajektorien für eine große Anzahl einzelner Teilchen "ausgewürfelt", wobei die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der physikalischen Wechselwirkungen und Transportgrößen berücksichtigt werden. Auf diese Weise werden Informationen über die relevanten physikalischen Größen gesammelt, um deren Mittelwerte und Verteilungen zu bestimmen. So können beispielsweise Messungen verifiziert oder Größen bestimmt werden, die nicht messbar sind. Auch bei der Neuentwicklung von Augenapplikatoren haben wir mit Monte-Carlo Simulationen den Einfluss verschiedener Materialien oder geometrischer Anordnungen untersucht.